Atelier von
1958 bis 2022
Biografisches
Walter Stallwitz (1929 – 2022 Mannheim), beginnt 1946 das Studium an der Freien Akademie in Mannheim bei Karl Trummer, Paul Berger-Bergner und „Cherlé“.
Er bezieht 1958 das 3. OG in der Sternwarte, dass er bis 1984 nutzt. 1985 zieht er in das ehemalige Atelier von Gerd Dehof im zweiten Stock, in dem er bis bis zu seinem Tod im Jahr 2022 arbeitet.
Im Atelier zu sein, gehört zu seinem festen Tagesablauf, auch mit über 90 Jahren. Angemeldete Besucher werden dort herzlich mit einer Tasse heißem Früchtetee empfangen und schnell in ein Gespräch über die neuesten politischen, philosophischen und gesellschaftlichen Entwicklungen gezogen.
Arbeiten
Hier ein Auszug eines Interviews zu seinen Arbeiten, das Yasemin Yurtsever im Januar 2015 mit Walter Stallwitz führte.
Die Menschen spielen eine sehr wichtige Rolle in Ihrer Kunst?
WS: Immer. Also Landschaften gibt es bei mir kaum. Stillleben vielleicht zwei, drei. Früher habe ich auch Landschaften gemalt, aber das ist schon lange her.
Welche Rolle spielen Licht und Schatten in ihrer Arbeit?
WS: Schatten hatten bei mir immer eine Bedeutung. Bei mir ist es oft so, dass es nur die Schatten als Erinnerung gibt. Der Schatten ist etwas, das zum Menschen gehört, aber gleichzeitig etwas, das unabhängig vom Menschen ist. Er hat keine individuelle Bedeutung. Der Mensch hat an seinem Schatten keinen tätigen Anteil. Wenn ich mich neben einen Laternenpfahl stelle, macht der auch einen Schatten. Alle Gegenstände haben einen Schatten. Plötzlich bin ich, wenn ich vom Schatten ausgehe, ein Gegenstand.
Welches ihrer Werke gefällt Ihnen am besten?
WS: Das ist eine schwierige Frage. Es gibt natürlich Werke, die ich ungerne weggeben würde, aber die schon weggegeben wurden. Es gibt dieses Werk, das ich suche und wieder versuche zu gestalten. Ich stelle es mir vor wie einen Juwelenhaufen, der glitzert und schimmert, ein wertvolles Getümmel darstellt und Furore macht. Aber dieses Werk habe ich noch nicht geschaffen, oder aber vielleicht habe ich es schon, aber weiß es nicht. Das interessiert mich auch nicht. Immer wenn ich eine Arbeit beendet habe, dann ist es vorbei, dann will ich das nächste Bild. Man ist immer auf dem Weg, es besser zu machen.
Wie kam die Bekanntschaft zu den Menschen, die sie porträtiert haben?
WS: Das ergab sich durch verschiedene Situationen. Ich habe z.B. Willy Brandt und James Baldwin porträtiert. James Baldwin zum Beispiel, den berühmten schwarzen Schriftsteller aus Amerika, habe ich schriftlich kontaktiert und ihm Bilder nach Vence (Frankreich) geschickt und ihn gefragt, ob ich ihn porträtieren darf, und das hat geklappt.
Willy Brandt lernte ich durch meine Mitarbeit bei der sozialdemokratischen Wählerinitiative kennen. Damals in Bonn verabredeten wir 45 Minuten. Nach 10 Minuten hatte ich die erste große Portraitzeichnung fertig. Dann wollte er aufhören. Aber ich habe zu ihm gesagt, dass wir 45 Minuten vereinbart hatten. Also habe ich noch zwei Porträts gezeichnet.
Die Porträtzeichnungen habe ich alle mit Fettkreide gezeichnet. Ich musste mich extrem konzentrieren, denn ich konnte ja nichts korrigieren und ich habe Wert darauf gelegt, dass es in einem Zug durchgezeichnet wird.
Damals konnte ich mich so konzentrieren, dass ich nicht mal gemerkt hätte, wenn mir jemand auf den Kopf geschlagen hätte. Das könnte ich heute wahrscheinlich nicht mehr, das erfordert eine ungeheure Fitness.
Was hat Sie an Porträts so interessiert?
WS: Porträts haben mich schon immer interessiert. Von Anfang an, als ich angefangen habe zu malen, waren Porträts das Wichtigste. Menschen haben mich schon immer interessiert. Das ist auch heute noch so. Gegenstände interessieren mich nicht. Beim Verlust von Gegenständen würde ich nicht trauern, aber um einen Menschen, den ich mal kennengelernt habe, würde ich schon trauern. Für mich sind nur Menschen wichtig. Von daher kommt das intensive Bedürfnis, das Unverwechselbare, das Einmalige eines Menschen im Porträt festzuhalten.
Außer der Porträtmalerei spielt auch die Politik eine wichtige Rolle in Ihrer Arbeit. Wieso?
WS: Ich interessiere mich natürlich für Politik. Wenn ich mich für Menschen interessiere, muss ich mich auch für Politik interessieren. Das gehört wohl zusammen. Es gibt einige Bilder, die ich gemalt habe, das sind eigene politische Bilder, in denen ein bestimmtes politisches Problem mit malerischen Mitteln dargestellt wird.
Wer hat sie beeinflusst und inspiriert?
WS: Das ist schwer zu sagen. Meine Malerei ist eigentlich so, dass sie keinem Trend entspricht. Ich habe mich nie einem Trend angeschlossen. Es gibt Maler, die ich schätze, zum Beispiel Francis Bacon. Es gibt unendlich viele Maler, die ich schätze. Aber ich hatte keinen bestimmten Maler als Vorbild.
Es gibt sehr viele Einflüsse aus der Welt der Literatur, den Sozialwissenschaften, der Soziologie, Philosophie – aus allen auf den Menschen bezogenen Werken und Handlungen. Vor diesem Hintergrund entstehen die meisten meiner Arbeiten.
Wie wichtig ist für Sie das Malen?
WS: Das wichtigste am Malen ist immer noch die Fähigkeit, als Maler überleben zu können. Und da geben halt die meisten auf. Die Fähigkeit durchzuhalten, wenn man nicht weiß, wie es nächsten Monat weiter geht. Meine Frau war lange krank und das war schon sehr problematisch mit dem Auskommen. Aber sie war der gleichen Meinung wie ich, dass ich niemals etwas male, was ich nicht will. Ich darf mich nicht korrumpieren lassen.
Ich konnte immer machen, was mich wirklich interessiert hat. Das ist ein unglaubliches Privileg, dafür halte ich alles aus. Das ist für mich das Wichtigste überhaupt. Aber das muss man aushalten können, vor allem die finanzielle Unsicherheit.
Malen ist das ideale Medium für mich. Da sehe ich sofort, was ich mache. Ich werde sehr schnell ungeduldig beim Arbeiten an der Leinwand, deswegen male ich auch mit Acrylfarbe, da kann ich sofort drüber malen.